Ausgabedatum: 26.04.2016
Wert: 9,00 DKK. Nummer: FO 831. Briefmarkenformat: 55 x 33 mm. Foto: Fotostudio. Drucktechnik: Offset. Druckerei: Cartor Security Printing, Frankreich. Gebührensatz: Kleinbriefe auf den Färöern - 0-50 gr
Norden 2016: Färöische Spezialitäten
Thema der diesjährigen gemeinsamen nordischen Briefmarkenausgabe ist die nordische Küche. Der färöische Beitrag zeigt traditionelle färöische Produkte, die in einem sogenannten „hjallur“ aufbewahrt werden.
Der Ersttagstempel zeigt die aufgehängten Hasen.
Ein „hjallur“ ist die färöische Variante der Speisekammer mit Lattenwänden, die ganzjährig für eine gute Durchlüftung sorgen. Der luftdurchlässige Holzschuppen dient als Kühlraum und gleichzeitig zur Konservierung von Lebensmitteln.
Die Lage der Färöer mitten im Nordatlantik hatte schon immer eine entscheidende Bedeutung für die Lebensmittelkonservierung und damit für die färöische Küche. Die grasbewachsene, baumlose Landschaft konnte im Laufe der Jahrhunderte nicht zu einer besonders fortschrittlichen Landwirtschaft beitragen, und der Getreideanbau war schwierig. Es heißt sogar, es habe durchschnittlich alle drei Jahre eine Missernte gegeben. Von einem gewissen Getreideimport war man daher immer abhängig, und in der letzten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gab man den Anbau von Getreide schließlich ganz auf. Stattdessen entwickelte sich die Kartoffel nach ihrer Einführung Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer wichtigen Feldfrucht. Zusammen mit gelegentlich angebauten Steckrüben und importiertem Getreide wurde sie zur Grundkomponente der färöischen Küche.
Auf der linken Seite der Briefmarke sind vier Hasen zu sehen, die zum Reifen aufgehängt wurden. Der Hase ist das einzige Landsäugetier, das Färinger bejagen. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zu eben diesem Zweck eingeführt und ist jetzt auf den meisten Inseln zu finden. Der Reproduktionszyklus des Hasen prädestiniert ihn als Jagdobjekt, denn er vermehrt sich dreimal jährlich. Jedes Jahr werden schätzungsweise ca. 7.000 Hasen erlegt.
Neben den Hasen sind vier sogenannte „grindalykkjur“ zu sehen, Fleisch vom Grindwal, das an der Luft trocknen soll. Der Grindwal hat auf den Färöern seit jeher eine sehr wichtige Rolle als Fleischlieferant gespielt. Außer in frischem Zustand gekocht mit Speck gegessen zu werden, wird Grindwalfleisch auch gepökelt und getrocknet. In abgehangenem Zustand (halbtrocken und leicht fermentiert) kann es ebenfalls gekocht werden, was besonders für Fleisch minderer Qualität, Rippen, Schulterstücke usw. gilt. Die luftgetrockneten „lykkjur“ auf dem Bild werden zusammen mit Walspeck gegessen, der entweder trocken oder in Salzlake gepökelt wird und als Delikatesse gilt.
Daneben hängen zwei „greipur“ mit Fischen zum Trocknen. Fische werden jeweils paarweise zu einem sogenannten „greipa“ zusammengebunden und zum Trocknen aufgehängt. In der ersten Zeit erfolgt eine gewisse Reifung und Fermentierung des Fischs, was ihm einen kräftigen Geschmack verleiht. In diesem ersten Stadium nennt man das Produkt „ræstur fiskur“, fermentierten Fisch, der gekocht serviert wird. Dazu gibt es entweder trocken oder nass gepökelten Walspeck, „sperðil“, eine Art Fettwurst aus Schafstalg im Darm, oder „garnatálg“. „Garnatálg“ besteht aus gereinigten Schafsdärmen, die man fermentieren lässt. Nach einiger Zeit werden die Därme gemahlen und mit frischem Schafstalg vermischt. Das Ergebnis ist ein sehr kräftig schmeckender Talg, der geschmolzen über den gereiften Fisch und die Kartoffeln gegossen wird.
Wenn man den fermentierten Fisch noch länger hängen lässt, wird er zu Stockfisch. Dieser Trockenfisch ist sehr hart und muss vor dem Essen weichgeklopft werden. Als Beilage zum Stockfisch serviert man trocken oder nass gepökelten Walspeck oder Butter sowie Kartoffeln.
Einer der Grundsätze der traditionellen färöischen Küche ist die restlose Verwertung. Deshalb hängen auch „mørur“ in unseren „hjallur“. „Mørur” sind die Eingeweide und Organe eines geschlachteten Schafs, die im Herbst Teil der traditionellen Kost sind. Von den zahllosen Gerichten, die aus diesen Zutaten zubereitet werden können, sollen hier nur zwei genannt werden. „Tálgalivur“ ist mit Schafstalg und meist auch mit Zwiebeln und Pfeffer gefüllte Schafsleber. „Blóðmørur“ ist eine Art Blutwurst aus Blut, Mehl, Talg und manchmal auch Rosinen, die in gereinigte Schafsmägen gefüllt wird. Der Talg und die Schafsmägen sind in der Schüssel in der Mitte des Bildes zu sehen.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass alles restlos verwertet werden kann, sind die Kabeljauköpfe direkt über der Schüssel. Wenn sie groß genug sind, sind Fischköpfe eine hervorragende Speise. Aus ihnen lassen sich „kjálkar“, Fischbäckchen, herausschneiden, die frisch oder gepökelt gebraten oder gekocht werden, sowie „lippur“, ein Teilstück, das aus der Zunge und dem fetten Fleisch unter dem Kinn besteht.
Neben den „mørur“ hängen zwei Trottellummen. Seevögel sind traditionell ebenfalls immer ein Teil der färöischen Küche gewesen. Am häufigsten werden Trottellummen, Alke, Papageitaucher und Eissturmvögel gegessen, auf der Insel Mykines ist auch der Basstölpel ein geschätzter Speisevogel. Das Angebot an Vögeln ist jedoch begrenzt und schwankt im Laufe der Zeit. Für die Vogeljagd gibt es zudem sehr strenge Naturschutzauflagen.
Wenn die Schafe im Herbst geschlachtet werden, werden so gut wie alle Tiere zum Reifen und Trocknen aufgehängt. In der ersten Zeit erfolgt eine gewisse Fermentierung wie beim Fisch, doch die Trocknung erfolgt in drei Stadien. Nach Weihnachten erreicht das Fleisch ein Stadium, in dem man es „ræst“ nennt, also fermentiert und halbtrocken. „Ræst“ Fleisch hat einen typischen strengen Geschmack (und Geruch). Es ist eine hochgeschätzte Delikatesse, die gebraten oder gekocht serviert wird, aber auch eine hervorragende Suppe ergibt.
Nachdem das Fleisch zwei weitere Monate abgehangen hat, ist es trocken und kann ohne weitere Zubereitung verzehrt werden. Getrocknetes Schaffleisch wird als Aufschnitt zu Schwarzbrot oder zum traditionellen ungesäuerten Brot „drýlur“ gegessen.
Das meiste Trockenfleisch wird in diesem Zustand gegessen. Lässt man es jedoch ein ganzes Jahr lang trocknen, wird es zu „skerpikjøt“. „Skerpikjøt“ ist trockener und härter als das übliche Dörrfleisch.
Die drei Stadien von luftgetrocknetem Schaffleisch, „ræst kjøt“, „turt kjøt“ und „skerpikjøt“, gelten bei den meisten als die vorzüglichste Delikatesse der traditionellen färöischen Küche.
In den letzten Jahren hat sich bei den traditionellen Beilagen und der Zubereitung färöischer Spezialitäten einiges getan. Sterneköche haben mit den Speisen experimentiert, sie auf andere Art und Weise und mit ungewöhnlichen Zutaten zusammengestellt. Dies hat zu einer großen Auswahl ganz neuer Geschmackserlebnisse geführt, die auch Nichtfäringer ansprechen. Vor allem das Gourmetrestaurant „Koks“ in Tórshavn ist bekannt für seine gelungene Fusionsküche und Kochkunst mit fermentierten Zutaten.
Es muss noch hinzugefügt werden, dass die fermentierten und getrockneten Nahrungsmittel sich nur aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und des hohen Salzgehalts in der färöischen Luft herstellen lassen, die ein Verrotten der Produkte verhindern. In den letzten Jahren wurden u. a. Experimente zur Lufttrocknung von dänischem Schweineschinken und Käse durchgeführt, die sich als ziemlich vielversprechend erwiesen haben.
Anker Eli Petersen
Quelle: Post Färöer